Samstag, 25. August 2012

Universal und die Zweiklassengesellschaft

Auf den ersten Blick fragt man sich schnell was das eine mit dem anderen am Hut hat. Hätte ich bis vor kurzem auch getan.
Auf unserer Tour durch Süd-Florida haben wir eine Woche lang halt in Orlando gemacht um die ganzen (oder wenigstens die uns am wichtigsten/spaßigsten erscheinenden) Vergnügungsparks abzuklappern. Bei so viel Spaß und Frust, eröffnen sich neue Blickwinkel.

Dabei habe ich 2 wesentliche Feststellungen machen dürfen:
  1. Ich kann Achterbahnen fahren ohne dass mir übel wird. Und zwar VIELE Achterbahnen. (Meine Eltern würden hier wahrscheinlich liebend gerne bestätigen dass das nicht immer so war - an dieser Stelle sorry für die vielen unfreiwilligen Stops auf unseren Urlaubsfahrten!)
  2. In den Vergügungsparks Floridas gibt es 2 Arten von Besuchern, die einen haben Geld (sonst wäre schon die Eintrittskarte über Budget) und die zweiten haben noch mehr Geld.
Die 1. Erkenntnis erklärt sich von selbst, ich war früher einfach nicht in der Lage schnelle Richtungswechsel oder gar Loopings und Spiralen zu verkraften. Irgendjemand musste meistens darunter leiden, sei es meine Mama, die in Vergnügungsparks mit mir draußen wartete während der Rest meiner Familie ich brav durchscchütteln ließ UND DAS AUCH NOCH TOLL FAND... oder aber meine ganze Familie, die die Zwangspausen beim Serpentinfahren in Tschechien irgendwann nicht mehr ertragen konnte.
Entsprechend überrascht war ich als mein Magen nach der ersten Achterbahn (inklusive Looping und Spirale und Spirale im Looping) folgendes sagte: NICHTS. Also nächste gefahren: nichts.
Als gegen Mittag der halbe Park erforscht war und mein Magen mehr G-Kräfte ausgehalten hatte als in meinem ganzen Leben zuvor, war es dann amtlich: Ich bin achterbahntauglich!

Erkenntnis Numero 2 hat ein wenig länger gedauert.
Während der teilweise endlos erscheinenden Wartezeiten an den einzelnen Attraktionen sah man immer wieder ungläubig einzelne Besucher, die an den laaaaangen Warteschlangen vorbeistiefeln als würde es sie nichts angehen, und noch bevor man das ende der Schlange erreicht hat, kommen sie ein zweites Mal von hinten an der Schlange vorbei. Am Ende der Schlange sieht man dann wie jeder Normalsterbliche warten muss, bis die Überholspur leer ist. VIP? Nein, nur Menschen mit noch mehr Geld. Die sogenannten "Fast-Pass-Holder".
Die Walt Disney Parks halten für die meisten Attraktionen ein Zeitfenster von ca. 1 Stunde bereit, für das sich jeder Besucher kostenlos einen Fastpass abholen kann und zu dieser Zeit dann an den anderen Wartenden vorbei direkt zur Attraktion gelangen kann. Die Anzahl der Fastpasse ist hierbei begrenzt.
Die Universal Gruppe schlägt aus Zeit tatsächlich Geld, denn hier wird der Fastpass kostenpflichtig - ca 45 Dollar um für jede Attraktion einmal den Fastpass nutzen zu dürfen, und ca 65 Dollar um unbegrenzt den Fastpass nutzen zu können - und DAS ist mal ne Wucht.
Denn Universal verdient an diesem Geschäft doppelt. Einmal den Fastpass-Preis und während der Zeit die der Erwerber NICHT ansteht (so wie alle anderen), tut er - richtig - Essen, Trinken und Souveniers shoppen.
Wir waren die meiste Zeit auch "normalos" und haben brav angestanden. In Bush Gardens in Tampa war das auch weniger frustrierend, denn die FastPass-Warteschlange und die normale Schlange wurden gleichwertig behandelt, bei Wet'n Wild war das auch grob in Ordnung, Disney war grenzwertig (aufgewertet dadurch, dass jeder einen FastPass haben kann) und Universal toppt wieder alles.
Während wir in einer (normalen) endlosen Schlange standen und nichts vorwärts ging, hab ich mir mal den Spaß (oder vielleicht auch anti-Langeweile Beschäftigung) gemacht, und gezählt. In der Zeit, in der wir 6 - 8 Meter in der Schlange vorran kamen, sind sage und schreibe 200 (!) FastPass-Holder an uns vorbei gerauscht (auf den 6 - 8 Metern haben geschätzt 15-25 Personen gestanden). Als dann der Zugang zur Attraktion in Sicht war und ich sehen konnte wer aus welcher Warteschlange durchgelassen wird wurde es noch deutlicher: Auf 50 FastPass-Holder kamen 6 normale, nicht draufzahlende Besucher.
Da fühlt man sich direkt minderwertig behandelt. Zumal ich es äußerst ungerecht gegenüber den Familien ist, die schon am Eintrittspreis knabbern und nicht das Geld aufbringen können, für jeden einen FasPass zu einem Preis zu kaufen, von dem man (aus meiner Studentensicht) knapp eine Woche essen kann. Zumal die Eintrittspreise allein schon wuchtig genug sind. Hier werden 2 Besucherklassen geschaffen, von denen die mit mehr Geld auch mehr Spaß bekommen.
Und die Attraktion mit der angenehmsten Wartezeit (trotz 60 Minuten) war in der Island of Adventures diejenige ohne FastPass - denn hier ging es vorran, und zwar konstant.
An dieser Stelle muss man auch löblich erwähnen, dass die Betreiber der Disney World Parks von der Einführung eines FastPass unlimited (also Fastpasstickets bis zum umfallen) zu eine Preis von 150 Dollar abgesehen haben und beim alten System blieben. Dafür soll jetzt ein neues System gestestet werden, bei dem sich Besucher noch vor Anreise einige Attraktionen aussuchen können für die sie dann unbegrenzt FastPasstickets erhalten. Nach meinen Informationen soll dies aber auf 3 Attraktionen in allen Disney Parks begrenzt sein. Was ich davon halten soll weiß ich nicht recht, es dauert aber wohl eine Weile bis ich wieder in den Vergnügungsparks von Orlando vorbeischaue.

Weiß vielleicht jemand ob das in deutschen Parks auch ähnlich ist? Ich muss nämlich gestehen, dass ich noch nie bewusst in einem war. Zumindest nicht in einem Alter wo mich derlei Dinge interessiert haben.

Soweit erstmal genug geblubbert, es wird Zeit sich wieder in den Pool zu werfen.

Liebe Grüße aus Florida!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen